Sprache ist die einzige Fähigkeit, die Kinder nur im beständigen, unmittelbaren persönlichen Kontakt zu einem Menschen lernen und verfeinern. Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan benennt Sprachkompetenz als „eine grundlegende Voraussetzung für die emotionale und kognitive Entwicklung von Kindern und eine Schlüsselqualifikation für schulischen und späteren beruflichen Erfolg.“ (BEP, S. 66)
Die sprachliche Entwicklung beginnt lange bevor die Kinder ihre ersten Wörter sprechen: bereits im Mutterleib hören die Kinder ihre Muttersprache. Sie kommunizieren von Geburt an non-verbal – durch Laute, Gestik, Mimik (vgl. Weyer, S.3ff). Zu einer kommunikationsfördernden Atmosphäre gehört das differenzierte Wahrnehmen und sensible Aufgreifen der Körpersprache von Kindern (nonverbale Signale). Schon die Allerkleinsten äußern ihre Bedürfnisse, die die Erwachsenen erkennen können anhand der Melodie, der Lautstärke und der Intensität. Hier ist besondere Aufmerksamkeit gefragt, um die Kinder ernst zu nehmen und sich mit ihnen auf Augenhöhe zu begeben.
Kinder lernen den Spracherwerb und das Sprachverständnis mit Hilfe der Umwelt und der Bezugspersonen wie z.B. Eltern, Großeltern, Freunde, Erzieher. In einem Umfeld, in dem sie sich sicher und geborgen fühlen, können sie aktiv lernen und sich positiv entwickeln und lernen so fast „nebenbei“ das Sprechen. Es ist wichtig, dem Kind zuzuhören und ihm genügend Zeit und Raum zu geben um auszusprechen, was es bewegt, bedrückt, was es sich wünscht oder was es fragen will.
„ist ein komplexer, eigenaktiver, konstruktiver Prozess. Kinder lernen Sprache nicht nur über Nachahmung, sondern bilden, zunächst unbewusst, eigenständig Hypothesen und Regeln darüber, wie Sprache gebaut ist (…) Alle Kinder erwerben die sprachlichen Kompetenzen am erfolgreichsten
- im positiven sozialen Kontakt mit Personen, die ihnen wichtig sind
- bei Themen, die ihre eigenen Interessen berühren
- im Zusammenhang mit Handlungen, die für sie selbst Sinn ergeben.“ (BEP; S.66)
(womit vor allem frühe kindliche Erfahrungen und Kompetenzen rund um Buch-, Erzähl-, Reim- und Schriftkultur gemeint sind) haben deshalb einen hohen Stellenwert im pädagogischen Alltag.
Der Sprachalltag, in dem sich die Kinder bewegen, ist für ihre Sprachentwicklung von besonderer Bedeutung. Die Rolle der pädagogischen Fachkraft ist das Sprachvorbild. Hier achten wir auf folgende Grundsätze (vgl. Weyer, S.22ff):
- das eigene Handeln mit Sprechen begleiten und somit die Freude an Sprache signalisieren
- korrektives Feedback geben (in der eigenen Wiederholung den Satz möglichst ähnlich und
richtig zu wiederholen)
- der Inhalt ist wichtiger als die Form (Kinder wollen sich mitteilen, deshalb ist es vorrangig
wichtig, auf den Inhalt zu achten)
- beim Sprechen Blickkontakt aufnehmen (dadurch erlebt das Kind emotionale Nähe und
Zuwendung, was ihm den Zugang zur Sprache erleichtern kann, und es kann Mund- und
Lippenbewegungen für den Spracherwerb beobachten)
- mit echtem Interesse zuhören (und nicht fertige Antworten in den Mund legen) und offene
Fragen stellen
- einfache Wörter auswählen (und allmählich einen differenzierten Sprachgebrauch
vermitteln). Wir sprechen in vollständigen, grammatikalisch richtigen und je nach
Sprachniveau des Kindes kurzen oder längeren Sätzen.
– wenn Bezugspersonen unterschiedliche Sprachen sprechen (vgl. Weyer, S.13-21)
Wir sehen die Kita als Ort der Begegnung und fremde Kulturen mit ihren Sprachen sind herzlich willkommen. Die Muttersprache ist für ein Kind von unschätzbarem Wert. Hier werden emotionale Bindungen, Geborgenheit, Zugehörigkeit und kulturelle Werte und Normen vermittelt.
Wenn die Bildung von Alltagsbegriffen in der Erstsprache gefördert wird, kann in der Kita beim Erwerb der deutschen Sprache daran angeknüpft werden. Wenn ein Kind z.B. weiß, was gelb oder rot ist, erlernt es Farbwörter in der zweiten Sprache schneller als ein Kind, das den Farbbegriff erst noch entwickeln muss. Beim Erlernen der deutschen Sprache kann auf diese Erfahrungen und Wahrnehmungen des Kindes zurückgegriffen werden: die Erzieherin muss nur noch den entsprechenden Begriff in der deutschen Sprache vermitteln.
Je mehr Kompetenzen in der Erstsprache vorhanden sind, desto besser verläuft der Zweitsprachenerwerb. Kinder können schon sehr jung zwei Sprachen gut erlernen, wenn klar ist, mit welcher Person in welcher Sprache gesprochen wird. Bei Kindern mit Migrationshintergrund sollten die Eltern und Großeltern die Kinder in der Sprache am unterstützen, die sie selber am besten beherrschen.
Wichtig ist, die Sprechfreude der Kinder in der deutschen Sprache anzuregen. Kinder, die Anerkennung für ihre Erstsprache und positive Rückmeldungen für ihr Bemühen um Zweisprachigkeit erhalten, sind stärker motiviert, sich auf die deutsche Sprache einzulassen.
Auf der Grundlage von Wertschätzung und Anerkennung stärken wir in der Kita das Selbstkonzept des Kindes und seine Kompetenzen. Sprachliche Bildung ist nicht beiläufig sondern gezielt und findet quer durch den pädagogischen Alltag statt. Wichtig ist es, Sprachanlässe zu bieten. Dies übernehmen im Alltag die Umwelt und die Räume, in denen die Kinder sich bewegen. Das kann z.B. anhand unseres wöchentlichen Waldtages deutlich gemacht werden. Es werden viele Fragen gestellt und es wird nach Antworten gesucht: Wie heißt der Baum? Warum bewegen sich Blätter? Welche Farben haben die Blätter im Herbst? Was sind das für Käfer? Wo wohnen die Ameisen im Winter? Wichtig ist es, mit den Kindern in einen Dialog zu treten, sie mit ihren Fragen ernst zu nehmen und so auch die Motivation zum Sprechen aufrecht zu erhalten.
Die Kinder haben Zugang zu allen Materialien und können sich in der Einrichtung frei bewegen. So ergeben sich täglich zahlreiche Möglichkeiten, um Sprache zu erleben und mit anderen (Kindern als auch Erwachsenen) in den Dialog und den Austausch zu gehen. Beim Rollenspiel in der Puppenküche oder beim Verkleiden herrscht ein reger Kontakt der Kinder untereinander, Sprache spielt hier eine zentrale Rolle. In der Bauecke entstehen die tollsten Konstruktionen und werden mit Sprache begleitet. Bei gemütlichen gemeinsamen Runden am Tisch, sei es beim Malen, Basteln, bei Tischspielen oder beim Essen wird erzählt und die Kinder erfahren Sprache als Medium der Kommunikation und erweitern im Alltag ihren Wortschatz.
werden in allen Bereichen angeboten und so gestaltet, dass sie der sozialen, kognitiven, emotionalen und körperlichen Entwicklung des Kindes entsprechen.
Im Morgenkreis lernen die Kinder Lieder und Gedichte und verarbeiten Sprache durch das Mitklatschen von Rhythmen und durch Bewegung (Tanzen, Stampfen, Klatschen). Genaues Hinhören wird gefördert, Fingerspiele und Reime motivieren zum Mitmachen auch bei geringeren Sprachkenntnissen. Angebote der Musikschule sind dazu ergänzend.
und Erzählen in Kleingruppen unterstützt in besonderer Weise die sprachliche Entwicklung von Kindern (vgl. Weyer, S.36). Der Wortschatz, die Ausdrucksfähigkeit und die Vorstellungskraft der Kinder werden durch Vorlesen gestärkt. In Geschichten und Bilderbüchern finden sich vielfältige Sprachanlässe und Gelegenheiten, Ideen auszutauschen, über die Welt nachzudenken und zu philososophieren. Wir haben das Kamishibai im Einsatz, lesen unseren Kindern viel vor, haben einen regen Kontakt mit der örtlichen Stadtbücherei und machen mit den Kindern Ausflüge dorthin (vgl. auch BEP, S.68 Literacybezogene Kompetenzen). Zum Erzählen gehört auch das Zuhören, beides sind wichtige Schlüsselkompetenzen, die die Kinder spielerisch lernen und üben.
Das Kennenlernen neuer Begriffe erfolgt nicht nur durch Hören sondern genauso durch komplexe Sinneserfahrungen (in die Hand nehmen, tasten, schmecken, riechen). Dies wird unter anderem im Alltag aufgenommen und vertieft durch unsere wöchentlichen Angebote wie „Kochen und Backen“ oder „Umgang mit Ton“. Durch verschiedene Projekte, die wir den Kindern anbieten, machen die Kinder ganzheitliche Erfahrungen (Ernährungszug, Brandschutz, Verkehrserziehung) und erweitern so ihren Wortschatz.
die die Kinder machen, sind eine wesentliche Voraussetzung für den Erwerb von Sprache. Sprechmotorische Leistungen sind in den ersten Lebensjahren sehr eng mit der allgemeinen Motorik verbunden. So gewinnt das Kind eine Vorstellung über räumliche Beziehungen. Deshalb bieten wir viele Bewegungsanlässe im Alltag, sei es beim Turnen, im Wald, auf dem Spielplatz oder auf dem Hof. Darüber hinaus bieten sich immer wieder Anlässe, gezielt die Mundmotorik zu schulen und zu stärken: Pustebilder mit Strohhalmen, Seifenblasen, Luftballons.
bieten vielfältige Anknüpfungspunkte aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik für die Sprachbildung (Literacy) von Kindern. So wird ganzheitliche Bildung ermöglicht. Interesse an Schrift wird nicht nur durch Bücher, sondern auch durch erste Versuche an der Schreibmaschine geweckt. Beim Ausprobieren und Entdecken im Kita-Alltag sprechen Kinder über das, was sie tun und was sie beobachten. Während sie spielerisch und ko-konstruktiv gemeinsam mit den Kita-Fachkräften Erkenntnisse über die Welt gewinnen, erweitern die Kinder ihren aktiven Wortschatz. Mit Experimenten (unsere Kita ist zertifiziert beim „Haus der kleinen Forscher“) schaffen wir Anknüpfungspunkte im Alltag, Vermutungen werden angestellt und Fragen formuliert: Was kennt ihr? Was meint ihr? Was habt ihr für Ideen? Was wollt ihr ausprobieren?
Zu Eltern pflegen wir einen intensiven Kontakt und ein ständiger Austausch ist grundlegend für das Zusammenspiel von Zuhause und Kita. Tür- und Angelgespräche sind an der Tagesordnung, einmal im Jahr führen wir ein ausführliches Elterngespräch. Hier tauschen wir uns über alle Entwicklungsbereiche des Kindes aus, eventuelle Hilfestellungen werden gegeben oder Fördermaßnahmen empfohlen.
Wir arbeiten in unserer Kita bei folgenden Begleitangeboten mit:
Wir haben eine verbindliche Zusammenarbeit mit der Tagesmutter in Merzhausen (Mäusenest) entwickelt und ausgebaut.
Ziel ist es, die Bildungschancen aller Kinder von Anfang an zu verbessern. Mit KiSS werden die sprachlichen Fähigkeiten der vier- bis viereinhalbjährigen Kinder untersucht, um Sprachauffälligkeiten entgegenzuwirken. Wir arbeiten hier eng mit der logopädischen Praxis Logokom in Bad Homburg zusammen und haben eigens geschulte Fachkräfte, damit in der vertrauten Kita-Umgebung mit vertrauten Bezugspersonen dieser Sprachtest stattfinden kann. Selbstverständlich werden Updates kontinuierlich wahrgenommen. (vgl. HMSI, S.21-24)
Um eine möglichst frühzeitige Unterstützung von Kindern mit Verzögerungen in der Entwicklung unter anderem im Bereich der Sprache und Kommunikation zu gewährleisten, arbeiten wir mit der regionalen Frühförderstelle zusammen. Wir sind selber keine Therapeuten.
Um den Übergang von der Kita in die Grundschule zu erleichtern und die Bildungschancen der Kinder zu verbessern, arbeiten wir mit der örtlichen Grundschule zusammen. Wir stehen in regem Austausch und finden Anlässe, um mit den Vorschulkindern an die Schule zu fahren: Besuch in der ersten Klasse, Forschertag, Betreuung etc
Literatur:
Weyer, U.: Qualifizierungskurs Sprachförderung (Druckausgabe) (2008-2015)
HMSI Hessisches Ministerium für Soziales und Integration (Hrsg) (2018): Sprachentwicklung und Sprachförderung bei Kindern